Kapitalanlage

Politisches

Gestern fand die zweite Lesung des Haushaltsplanes 2011 der Gemeinde Heringsdorf im Finanzausschuss statt. Im Vermögenshaushalt sorgte eine Haushaltsstelle und die Erklärungen dazu für sehr ungläubige Gesichtsausdrücke bei den anwesenden Gemeindevertretern und bei der 2. Stellvertreterin des Bürgermeisters, Frau Schröder für helle Aufregung. Genau gesagt ging es um die Position 8600.9300 Erwerb von Beteiligungen, Kapitalanlagen, veranschlagt mit 273.700 Euro.

Erwerb von Beteiligungen war nicht das Thema, sondern Kapitalanlage. Ein schöner Euphemismus für eine Kapitalerhöhung bei der Kaiserbäder Tourismus Service GmbH, besser als KTS bekannt. Auf meine Nachfrage musste die Verwaltung einräumen, dass die KTS ohne diese Kapitalerhöhung die Abfindungsansprüche von Robert Schmidt, dem abberufenen Geschäftsführer, nicht bezahlen kann.

Das sorgte für erhebliche Unruhe bei Frau Schröder, die mitteilte, ihr sei bei der Unterzeichnung der Abfindungsvereinbarung gesagt worden, die Abfindung könne aus der Kapitalrücklage der KTS bezahlt werden. Was die Gemeindevertreterin Leonie Gottheit auch so bestätigte, es gebe sogar ein Protokoll dazu. Und was wohl auch der Kenntnisstand der Gemeindevertreter war.

Nun war aber die erste Rate für Herrn Schmidt bereits unmittelbar vor der Fälligkeit und die KTS hatte kein Geld, weil da offenbar einigen Herren der Unterschied zwischen Kapitalrücklage und Liquidität nicht ganz klar war.

Was für den Geschäftsführer einer GmbH eigentlich den Gang zum Amtsgericht bedeutet, um wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anzuzeigen, wenn er sich nicht strafbar und persönlich haftbar machen will. Um das zu vermeiden, hat der Bürgermeister kurzerhand 2 Tage vor Fälligkeit 160.000 Euro aus der Gemeindekasse an die KTS überwiesen und angeordnet, die Summe als Verbindlichkeit, also als Darlehen zu verbuchen. Die Gemeindevertreter waren ausnahmslos völlig verblüfft, es war mehrfach zu hören, der Bürgermeister habe immer betont, die Abfindung werde von der KTS bezahlt.

Genau genommen stimmt ja auch. 😉 Nur dass die KTS eben vorher das Geld von der Gemeinde bekommt. Die zweite Rate der Abfindung ist in Kürze fällig, Geld ist keines da beim Unternehmen, es wird also auch der Rest der Abfindung aus der Gemeindekasse kommen müssen.

Es gab für das erste Darlehen keine Beteiligung irgendwelcher Gremien, Stand gestern gibt es auch keinen Darlehensvertrag. Eilbedürftigkeit lag auch nicht vor, schliesslich wurde die Zahlungsverpflichtung bereits vor 3 Monaten begründet. Und eigentlich bedarf die Vergabe eines Darlehens der vorherigen Zustimmung der Kommunalaufsicht, was einen Haushaltsplan voraussetzt.

Tatsächlich hat die Gemeindevertretung gar keine Wahlmöglichkeit mehr. Gewährt sie die Kapitalerhöhung oder das Darlehen oder was auch immer nicht, ist die KTS insolvent, mit gravierenden Folgen weit über die Gemeinde hinaus. Was den Gemeindevertretern auch nicht bekannt war: Die Abfindungsvereinbarung ist keine Vereinbarung nur zwischen KTS und Robert Schmidt, sondern eine dreiseitige, durch die die Gemeinde gesamtschuldnerisch in die Haftung genommen wird. Das bedeutet, dass Robert Schmidt selbst im Fall der Insolvenz der KTS sein Geld bekommt, dann eben von der Gemeinde. Auch für diese Übernahme der gesamtschuldnerischen Haftung gibt es keinen Beschluss. Den hätte man leicht bekommen können, denn die Vereinbarung wurde offenbar einen Tag vor einer Sitzung der Gemeindevertretung geschlossen. Und da hätte vielleicht auch noch eine Wahlmöglichkeit bestanden.

Ich habe mich bewusst darauf beschränkt, nur die Informationen wiederzugeben, die gestern in der öffentlichen Sitzung gemacht wurden und ein paar Folgen aufgezeigt. Presse war wie üblich nicht anwesend. Genauso wenig wie der Bürgermeister, Herr Strömich oder Herr Dr. Rühle. Ein Wirtschaftsplan der KTS, der ja Bestandteil des gemeindlichen Haushalts ist, lag auch nicht vor.

P.S.: Die veranschlagte Summe war auch noch falsch. Man hatte übersehen, dass die KTS zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und damit nur die Nettosumme von 230.000 Euro für die Abfindung benötigt.

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