Legal? Illegal! Auch egal.

Bauliches / Politisches

Seit ein paar Monaten steht am Dorfanger im Heringsdorfer Ortsteil Neuhof ein mintgrünes Gebäude, dass in der unmittelbaren Nachbarschaft für heftigen Unmut sorgt. Zuallererst wegen seiner schieren Größe. In der Schulstraße gibt es in der näheren Umgebung kein Gebäude, das auch nur annähernd so groß wäre.

Möglich gemacht hat das die Gemeinde mit dem Bebauungsplan Nr. 21 „Am Dorfanger“ ganz bewusst. Im Zuge der Bereicherung privater Grundstückseigentümer, auch Bauleitplanung genannt, versprach der frühere Eigentümer der Gemeinde dort altersgerechte Wohnungen zu errichten, sechs an der Zahl. Voraussetzung war natürlich ein entsprechend großes Baufeld, dass die Gemeinde dann auch gewährte, samt der Möglichkeit ein Gebäude mit zwei Vollgeschossen und einer Höhe von 9,50 Meter zu errichten.

Dann kam es wie es eben meistens kommt. Der alte Eigentümer baut nicht selbst, verkauft das durch die Gemeinde im Wert gesteigerte Grundstück, der neue Eigentümer hat kein Interesse an altersgerechten Wohnungen und baut unter maximaler Ausschöpfung des Bebauungsplans etwas ganz anderes.

Soweit so gut, oder besser so schlecht. Tausendmal gesehen, tausendmal ist nichts passiert (Anmerkung an mich selbst: Mal wieder Klaus Lage hören). Im Fall des mintgrünen Monsters ist die Geschichte damit aber nicht zu Ende.

Im Bebauungsplan ist die Zahl der höchstzulässigen Wohnungen im betroffenen Baufeld Nr. 1 mit sechs festgesetzt. Tatsächlich wurden aber neun Wohnungen gebaut, jeweils drei in den beiden Vollgeschossen und drei im Dachgeschoss. Da es sich um ein Wohngebäude im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes handelt, war das Vorhaben nach § 62 Landesbauordnung genehmigungsfrei, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht widerspricht. Das Prozedere ist dann für den Bauherrn sehr einfach:

Der Bauherr hat die erforderlichen Unterlagen bei der Gemeinde einzureichen; die Gemeinde legt, soweit sie nicht selbst Trägerin der Bauaufsichtsbehörde ist, eine Ausfertigung der Unterlagen unverzüglich der Bauaufsichtsbehörde vor. Mit dem Bauvorhaben darf einen Monat nach Vorlage der erforderlichen Unterlagen bei der Gemeinde begonnen werden.

Weil die Errichtung von neun Wohnungen nicht zulässig ist, dürfte der Bauherr wohl kaum Unterlagen eingereicht haben, in denen mehr als sechs Wohnungen zu sehen waren. Wie nennt man das wohl?

Aber auch damit sind wir bei dem mintgrünen Monster nicht am Ende. Die Eigenart der Wohnungen ist nämlich auch im Bebauungsplan festgelegt.

Dauerwohnungen sollen es sein, Dauerwohnungen. In dem Schwarzbau, so darf man ihn wohl mit Fug und Recht nennen, werden aber durch den Eigentümer fünf Wohnungen, zwei im Obergeschoss und drei im Dachgeschoss, als Ferienwohnung angeboten. Findet man ganz leicht, einfach bei Guugel Dorfanger 1 und Heringsdorf als Suchbegriff eingeben und voila:

Unter www.zum-ostseestern.de, der Seite des Eigentümers (da finden Sie im Impressum auch den Namen 😉 ), scheut man sich noch die tatsächliche Zahl zu nennen, man spricht nur von einer Wohnung im Obergeschoss und einer im Dachgeschoss. Auf den Klingelschildern hat man die Wohnungen übrigens sogar zum Teil noch als Büro XY und Büro YZ regelrecht getarnt, bzw. eine Klingel sogar mit einem Namen versehen. Witzig, witzig. Denn spätestens auf www.killikus-ferienwohnungen.de offenbart sich alles.

Dort findet sich unter dem Bildmaterial ein Hinweis auf die Buchungszentrale der Usedom Tourismus GmbH. Auch dort kann man die fünf Ferienwohnungen in dem Gebäude buchen.

Wir fassen zusammen:

    Es wurden neun an Stelle von sechs zulässigen Wohnungen gebaut.
    Von den zulässigen sechs Wohnungen werden nur vier wie vorgeschrieben als Dauerwohnung vermietet.
    Die drei illegalen Wohnungen im Dachgeschoss werden ebenso illegal als Ferienwohnungen vermietet.

Man darf jetzt sehr gespannt sein, wie das zuständige Bauordnungsamt des Landkreises mit dieser kaum zu überbietenden Dreistigkeit umgeht. Eigentlich kann es nur eine Lösung geben: Rückbau der drei Wohnungen im Dachgeschoss und Durchsetzung der Nutzung als Dauerwohnung bei den zwei Wohnungen im Obergeschoss. Alles andere würde Nachahmer erst recht ermutigen, sich über Bauvorschriften einfach so hinwegzusetzen.

Und wenn das Amt zur Tat schreitet, sollte es gleich noch einen Blick auf das Haus „Am Dorfanger 9“ direkt gegenüber werfen. Das steht im Baufeld 4 des Bebauungsplanes und dort gilt folgendes:

Je Wohngebäude ist mindestens eine Dauerwohnung vorzusehen.

Da gibt es aber keine Dauerwohnung. Das Haus wird komplett als Ferienhaus zur Vermietung angeboten.

Ist ja nicht so, dass wir in Heringsdorf Dauerwohnungen im Überfluss hätten.

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