Schleichende Erosion

Politisches

An unserer Küste bricht zur Zeit so manches ab. Das kommt zum jeweiligen Zeitpunkt überraschend, ist aber immer die Folge eines lange währenden Prozesses. Der Boden nimmt an Feuchtigkeit auf, was er aufnehmen kann, so lange es irgendwie geht. Dann kommt eines Tages der eine, entscheidende Tropfen zu viel, der alles zusammenbrechen lässt.

So in etwa muss man sich wohl auch die Entwicklung zwischen den Gesellschaftern der Usedom Tourismus GmbH (UTG) und ihrem früheren Geschäftsführer Bert Balke vorstellen.

Nach dem ich auf das Interview von Walter Krombach verlinkt hatte, der nicht mit schweren Vorwürfen geizte, insbesondere gegen Robert Schmidt, damals noch Geschäftsführer des Hauptgesellschafters und Dr. Beate-Carola Johannsen, Vorsitzende des zweitgrößten Gesellschafters, sind hier eine ganze Reihe an Informationen aufgeschlagen, die mir auf Nachfrage auch bestätigt wurden.

Einiges kam gleich doppelt und dreifach. Man muss es wohl als Tatsache hinnehmen, dass es sich Bert Balke seit dem grundsätzlichen Beschluss über eine Verlängerung seiner Anstellung als Geschäftsführer Ende 2009 bis zur Katalogpräsentation von Neckermann/Thomas Cook im vergangenen Juli mit praktisch allen Gesellschaftern verdorben hatte. Eine Ausnahme war bis dahin die Usedomer Bäderbahn (UBB).

Als angestellter Geschäftsführer ist man nicht frei in seinem Handeln. Man schuldet den Gesellschaftern Loyalität, ganz unabhängig davon, ob einem persönlich immer alles gefällt oder man manche Entscheidungen gar für falsch hält. Diese Loyalität hört erst dort auf, wo die Grenze zur Legalität überschritten wird.

Als angestellter Geschäftsführer sollte man sich sehr genau überlegen, ob man die Kompetenz von Gesellschaftern Dritten gegenüber in Frage stellt. Man sollte sich auch überlegen, ob man das Verlangen des Hauptgesellschafters, der auch noch der größte Auftraggeber des eigenen Unternehmens ist, zur Übernahme eines Marketingauftrages ablehnt. Und man sollte sich noch mehr überlegen, genaue Vorgaben der Gesellschafter zum Beilegen von Meinungsverschiedenheiten mit einem der Gesellschafter nicht eins zu eins umzusetzen.

Bei einem solcherart vorgespannten Verhältnis löst dann der eingangs erwähnte Tropfen den großen Abbruch aus. Der Tropfen bestand in diesem Fall in der ungeschickten Handhabung eines Trinkgeldes in Höhe von 200 Euro für Busfahrer der UBB im Zusammenhang mit der erwähnten Katalogpräsentation durch Mitarbeiter der UTG. Ungeschickt deshalb, weil die Gelder ohne Quittung im offiziellen Posteingang der UBB landeten und dort nach den Konzernrichtlinien der DB einen meldepflichtigen Vorgang produzierten, in dessen Folge sich der Geschäftsführer der UBB, auch noch Sponsor der Katalogpräsentation, in der Zentrale zu erklären hatte.

In der darauf folgenden, von der UBB beantragten, ausserordentlichen Gesellschafterversammlung hat sich dann wohl angesichts des schon allseits vorhandenen Unbehagens eine gewisse Dynamik in der Diskussion entwickelt, die am Ende zum einstimmigen Beschluss über die Abberufung führte. Das war vielleicht nicht die klügste Entscheidung angesichts der ohnehin auslaufenden Bestellung als Geschäftsführer, aber nachvollziehbar ist es.

So verliert die Insel einen fachlich hervorragenden Marketingexperten, dem man in den entscheidenden Situationen etwas mehr Fingerspitzengefühl und etwas mehr Verständnis für die Gefühlslage der jeweils anderen Seite gewünscht hätte.

Bleibt zu hoffen, dass die noch anhängige Klage beim Arbeitsgericht vernünftig beigelegt wird und die UTG mit einem kompetenten Marketingexperten an der Spitze sich wieder ausschliesslich dem Marketing für unsere Insel zuwenden kann.

Intrigen am Ostseestrand

Politisches

Mit dieser Einleitung zieht Walter Krombach auf der Webseite travel-tribune.de in deren Gespräch der Woche unter dem Titel „Blamable Lachnummer“ so richtig vom Leder in Sachen UTG und deren ehemaligen Geschäftsführer Bert Balke. Kleine Kostprobe gefällig?

Johannsen/Schmidt wollten aber den Rufmord – und kündigte ihm einen Monat früher zum 30. November 2010. Ausschließlich daraus entwickelte sich ein Skandal, der jetzt wohl über den Fall Balke hinaus noch weitere juristische und sogar politische Auseinandersetzungen nach sich ziehen dürfte.

Krombach, der auf Betreiben von Bert Balke auch in den Beirat der UTG berufen wurde, nimmt kein Blatt vor den Mund und wird konkreter als unsere die lokale Presse. Man sollte aber bei der Wertung des Interviews im Hinterkopf behalten, dass die beiden miteinander befreundet sind. Auf die Reaktion der Vorsitzenden des Tourismusverbandes, Carola-Beate Johannsen, und des Interims-Geschäftsführers der UTG, Robert Schmidt, darf man gespannt sein.

Unkommentiert sollten sie diese Vorwürfe besser nicht im Raum stehen lassen.

Konkurs muss nichts schlechtes sein

Allgemein

Weil wir gerade bei Konzerten sind: Ich warte schon seit Wochen voller Spannung auf das Programm des Szczecin Music Fest 2011 und habe den entsprechenden Newsletter des Veranstalters abonniert. In dieser Woche schlug der mit der Überschrift

Konkurs na projekt identyfikacji graficznej 8. edycji Szczecin Music Fest

bei mir auf und löste leichtes Entsetzen aus. Kein Festival in diesem Jahr? Konkurs? Also den Text erst einmal durch einen Übersetzungsdienst gejagt und siehe da, Konkurs bedeutet im polnischen nichts anderes als „Wettbewerb“.

Der Veranstalter hat einen Wettbewerb für das Festivallogo ausgeschrieben. Große Erleichterung und weiter warten auf das Programm. Nach Mariza, Gotan Project und Paco de Lucia im vergangenen Jahr hat man doch eine gewisse Erwartungshaltung. 😉

What a wonderful world

Allgemein

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Gestern haben wir die Konzertsaison 2011 eröffnet. Raul Midon und Diana Reeves. Raul Midon macht den Auftakt, fantastische Stimme und eine Art Gitarre zu spielen, die ich so noch nicht gehört hatte. Gitarre als Perkussionsinstrument hat was. Und als ob das nicht schon genug sei, imitiert er mit seinen Lippen eine Trompete. Er alleine wäre schon die Fahrt nach Berlin wert gewesen.

Nach der Pause dann Grand Dame Diane Reeves mit einer erstklassigen Begleitband: Peter Martin (p), Romero Lubambo (g), Reginald Veal (b) und Terreon Gully (dr). Wunderbar eingespielt und eine Lust am spielen und singen, die sich vom ersten Moment an auf das Publikum übertrug.

Zum Ende der absolute Höhepunkt: Raul Midon und Diane Reeves im Duett, das sprühte regelrecht Funken. Und als Zugabe von Diane Reeves „What a wonderful world“. Mehr geht nicht.

Als am Strand noch Ordnung herrschte

Historisches

Seit ein paar Tagen bin ich im Besitz eines herrlichen alten Buches:

Handbuch der Architektur
Vierter Teil: Entwerfen, Anlage und Einrichtung der Gebäude.
5. Halbband: Gebäude für Heil- und sonstige Wohlfahrtsanstalten.
3. Heft: Bade- und Schwimmanstalten

aus dem Jahr 1921. Wobei Heft in diesem Fall etwas untertrieben ist. Auf 443 Seiten unterhaltsam Geschichte der Badearchitektur, Ansichten und Grundrisse dazu dargestellt und auf 2 davon geht es auch um das ehemalige Herrenbad von Heringsdorf.

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Die Herren-Badeanstalt im Ostseebad Heringsdorf gibt uns ein Beispiel eines offenen Meerbades mit festem Kabinenbau, der auf Pfählen im Wasser errichtet ist.Der Fußboden des Kabinenbaues ist so hoch gelegt, daß er auch bei Sturmflut nicht überspült wird. Das Gebäude besteht aus einem parallel dem Strande gestellten Hauptbau, an den sich zwei dazu rechtwinklig in das mehr vortretende Flügelbauten anlehnen, und umschließt so eine Wasserfläche von 28,00 m Breite auf drei Seiten. Die vierte Seite ist nach dem Meere zu offen. Der dem Strande zunächst liegende, weniger tiefe Teil der umbauten Wasserfläche ist für Kinder bestimmt und nach dem tieferen Wasser zu durch ein Seil abgegrenzt. Die vorhandenen 56 Kabinen liegen zu beiden Seiten eines 1,60 m breiten, unbedeckten Ganges. Jede Kabine ist 2,50 m lang, 1,50 m breit und etwa 2,50 m im Mittel hoch. Vom Strand führt eine breite Freitreppe auf die Höhe des Kabinenbaues. Man betritt hier zunächst den Mittelbau, worin sich die Karten- und Wäscheausgaben befinden. Zu beiden Seiten schließt sich der bereits erwähnte Mittelgang an, der sich in gerader Verlängerung der Flügelbauten noch ein Stück weiter in das Meer hinaus bis zu größerer Wassertiefe erstreckt. Entsprechende Treppen führen an den Kopfenden der Flügelbauten und dem Haupteingang gegenüber zum Wasser hinab. Auf diese Weise ist eine bequemliche Zugänglichkeit zu den verschiedenen Wassertiefen geschaffen. Nach der Landseite hin sind die Öffnungen zwischen den Pfählen vom Fußboden des Kabinenbaues bis zum Wasserspiegel hinab, teils mit Gittern, teils mit Brettern verkleidet, um den Einblick in das Bad zu verhindern.

Ja, da herrschte noch Zucht und Ordnung.

Willkommen in der Wildnis

Kurioses

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Usedom muss wahrhaft ein besonders exotisches Ziel sein, wenn die Schweizer gleich eine ganze Expedition schicken. Dem Vernehmen nach wurden die Lastenträger vom hiesigen Stamm der UTGisten gestellt. Neu war mir, dass Expeditionen Gastspiele geben. Was Roald Amundsen wohl dazu gesagt hätte?

Gefunden im heutigen Notkurier

Kleiner Tip an den Redakteur: Expedienten sind keine Expeditionsteilnehmer, sondern Reiseverkehrskaufleute.