In Deutschland hat sich in jüngerer Zeit ein Trend ins Gegenteil verkehrt. Nach der Liberalisierung des Strommarktes 1998 verkauften zahlreiche Kommunen quer durch die Republik ihre Stadtwerke oder wenigstens Anteile daran an die großen Energiekonzerne, getrieben meist aus Geldnot und Angst vor dem Wettbewerb. In der heutigen Zeit geht es genau anders herum. Viele Kommunen holen die Verantwortung für die Versorgung ihrer Einwohner wieder in die eigene Hand zurück.
In den Kommentaren zum Beitrag über die Wahl des Bürgermeisterkandidaten der CDU in Heringsdorf hat sich teils sehr heftig die Diskussion über zukunftsfähige Strukturen für unsere Insel entzündet. Die einen plädieren für eine einzige politische Gemeinde, die anderen für eine stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Ich bin von Hause aus ein Verfechter einer einheitlichen Inselgemeinde, muss aber als Realist einsehen, dass dies jetzt und in der näheren Zukunft eine Utopie ist. Matthias Mantei hat sich in seiner Vorstellung als Kandidat auch nicht für eine Inselgemeinde, aber für eine stärkere Zusammenarbeit auf wirtschaftlicher Ebene ausgesprochen, dezidiert dabei auch das Thema Stadtwerke genannt. Und das ist durchaus ein Thema, das zu betrachten sich lohnt.
Die Voraussetzungen in der Region dafür sind gut:
Wasserver- und Abwasserentsorgung sind auf der Insel und in Wolgast in Form von kommunalen Zweckverbänden organisiert. Wasserversorgung könnte in die Stadtwerke eingehen, Abwasserbeseitigung müsste aus steuerlichen Gründen (Umsatzsteuer) im Wege einer Geschäftsbesorgung durch die Stadtwerke organisiert werden.
Die Gasversorgung Vorpommern GmbH gehört zu 51 % den kommunalen Gesellschaftern, die übrigen 49 % liegen bei der E.ON Hanse AG mit Sitz in Quickborn.
Die regionalen Stromversorgungsanlagen gehören zu 49 % über den Aktienbesitz an der E.ON edis AG den Kommunen.
Auf diesen sehr guten Grundlagen könnten Stadtwerke Usedom-Peene mit den Inselgemeinden und der Stadt Wolgast als Gesellschafter, auch unter Beibehaltung von Minderheitsgesellschaftern aus der Energiewirtschaft, eine erfolgversprechende Option für die Region sein.
Alle Versorger haben den gleichen Kundenstamm, benötigen für diesen Kundenstamm aber drei Buchhaltungen, drei Kassen, drei Ablesungen, drei Bauabteilungen, drei Leitungskataster um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Was spricht eigentlich dagegen, wenn die Inselgemeinden gemeinsam mit Wolgast eine dafür qualifizierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragten, ein solches Geschäftsmodell oder eine ähnliche Ausgestaltung einmal durchzurechnen?
Sicher gibt es auch aus Sicht der Kommunen Nachteile: Wegfallende Konzessionsabgaben möglicherweise und der bequemen jährliche Gewinnausschüttung aus den Beteiligungen. Aber gut funktionierende Stadtwerke sollten das kompensieren können und darüber hinaus auch ein verlässlicher Partner für die Akteure in Sport und Kultur der Region in Sachen Sponsoring sein.
Ob darüber hinaus Quersubventionierungen anderer öffentlicher Aufgaben möglich wären, ist ein Thema, dass im Rahmen einer solchen Studie auch zu prüfen wäre.
Bleibt am Ende die spannende Frage, ob sich denn auf kommunaler Seite jemand findet, der bereit ist sich des Themas anzunehmen und die Erstellung einer solchen Studie organisiert.
Nachtrag 28.11.11.
Die Insel-SPD hat sich auf jeden Fall schon einmal positiv in Sachen Stadtwerke geäußert:
„Falko Beitz, Gemeindeverteter von der Insel Usedom, sieht Kostenvorteile für alle Insulaner in einer kommunalen Energieversorgung“
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