Gestern bei einer Recherche einen ganz wunderbaren Fund gemacht.
Dr. Schmige, „practischer Arzt während der Kurzeit“ in Heringsdorf hat diesen Reiseführer 1852 verfasst. Neben einer liebevollen Beschreibung von Heringsdorf und der Umgebung gibt das 150 Seiten starke Werk eine komplette Übersicht über den damaligen Stand der Bademedizin.
Kein Wunder, dass Heringsdorf, welches vor noch nicht langer Zeit nur aus Strohhütten bestand, jetzt eine bedeutende Anzahl geschmackvoller Gebäude besitzt, deren Zahl und Bequemlichkeit sich mit jedem Jahre vermehrt. Der jetzige Besitzer, Herr v. Treskow, verbindet mit Sachkenntnis und Geschmack das Nützliche, die Badeeinrichtungen werden vergrössert und wesentlich verbessert, der Ort selbst durch neue Anlagen und gute Wege angenehmer gemacht und wenn, wie zu erwarten steht, noch hinreichende Anstalten zur Anwendung warmer Bäder eingerichtet sein werden, ist es ohne Zweifel, dass diesen Badeort eine lachende Zukunft erwartet.
Ich habe schon einiges über die Geschichte von Heringsdorf gelesen, aber ein Herr von Treskow ist mir noch nicht untergekommen. Und was gute Wege angeht, so scheint man damals darauf mehr Wert gelegt zuhaben als heute.
Alte Bekannte dagegen findet man bei der Beschreibung der Fauna:
Hier (Anm.: gemeint ist der Lange Berg) ist es auch, wo ein merkwürdiger Vogel mit dem zeitigen Frühjahr sich einzufinden pflegt, der nur diesen Ort und die nicht allzufern liegende Insel Oi sich zum Aufenthalt wählt. In der Volkssprache Comeran oder Seerabe genannt, von der Grösse einer Gans, schwarz gefiedert, mit langem dünnen Halse, ist er unter den Wasservögeln der einzige, der auf Bäumen nistet. Diese merkwürdigen Thiere vermehren sich so ungemein, dass grosse Jagden veranstaltet werden mussten, indem die Vögel nicht allein der Fischerei sehr gefährlich wurden, sondern auch den Holzungen mit ihren kräftigen und scharfen Schnäbeln grossen Schaden zufügten. Ein Bekannter von mir erlegte in einem einzigen Tage 45 dieser gefährlichen Nachbarn.
Manche Dinge ändern sich wirklich nicht.
Und der Badefriesel? Da klärt Meyers Konversationslexikon, vierte Auflage, 1885-1892, auf:
Badefriesel (Brunnenfriesel), ein Hautausschlag, welcher infolge der Reizung der Haut durch Salze, Wärme, Kälte, Abreibungen etc. bei Brunnen- und Kaltwasserkuren entsteht, völlig unschuldig ist, bald wieder verschwindet und durchaus nicht die hohe Bedeutung für den Verlauf der Kur besitzt, welche man ihm früher zuschrieb.
Gefunden habe ich den Führer in der digitalen Bayerischen Staatsbibliothek, wo man ihn auch als PDF herunterladen kann. Bei Google books wird man ebenfalls fündig. Es scheint ein sehr rares Stück zu sein, in den Online-Antiquariaten ist jedenfalls nichts zu finden.
Viel Spass beim Lesen. Ich hatte ihn auf jeden Fall.